Mühle und Waschanstalt

Idyllisch lagen sie nebeneinander im Warchetal. Mühle und Waschanstalt waren auf eine ständige Wasserversorgung angewiesen. Diese erhielten sie hier durch den "Mühlenbach", eine Abzweigung der Warche, die von Menschenhand vorgenommen worden war. Die Jahreszahl 1825, die oberhalb der Mühlentür in Stein gemeißelt war, verriet, wie lange diese traute Zweisamkeit bereits andauerte.

Das Gebäude der Waschanstalt gehörte früher einmal der Baronin de Pret aus Brüssel. Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Elsenbom ein Militärlager errichtet wurde, pachtete der Staat das langgestreckte, weiße Haus. Als das Haus dann zur Waschanstalt "Militaria" umfunktioniert worden war, wurde hier in erster Linie Militärwäsche gereinigt. Es handelte sich hierbei um Bett- und Tischwäsche sowie Uniformen. Aber auch Privatleute durften die "Militaria" in Anspruch nehmen, insofern es ihnen ihr Budget erlaubte.

Die Waschanstalt war an sechs Tagen in der Woche zugängig und immer zwischen 08.00 und 18.00 Uhr geöffnet - nur mittags gönnte man sich eine Stunde Pause. Die "Lagerwäsche" wurde von den Gebrüdem Schommer, die gleichzeitig die Mühle betrieben, mit dem Planwagen im Lager Eisenborn abgeholt und später dann auch dort wieder zurückgebracht. Zu belgischer Zeit wurde dieser Transportdienst allerdings dann mit dem Lastwagen vom Militär selbst übernommen.

Das gebrauchte Wasser wurde der Warche wieder zugeleitet, nachdem es filtriert worden war. Zu diesem Zweck lief es durch eine zwei Meter tiefe Grube, die mit Kies und Sand gefüllt war.

Der Gebäudekomplex bestand aus einer Halle, wo die Wäsche zunächst in zwei Bottichen und später dann in Betonbecken eingeweicht wurde. In der gleichen Halle und gegenüber der Bottiche standen drei Waschmaschinen. Eine sehr große mit einem Durchmesser von 1,20 Meter sowie eine mittlere und eine kleine. In letzterer wurde insbesondere die feine Wäsche gewaschen. Außerdem stand auch noch eine Schleuder in diesem Raum.

Zwei Trockenräume befanden sich neben der Halle. Hier standen auch zwei Tische für die Büglerinnen und eine große sowie eine kleine Mangel. Die Restfläche der Räume war mit Rohren ausgelegt, durch die zur Erhitzung heißer Dampf strömte.

Bis zu sieben Arbeiterinnen wuschen, bleichten, trockneten und mangelten die Wäsche und zwei bis drei ausgebildete Büglerinnen bügelten sie. Die dazu verwendeten Bügeleisen waren natürlich in keinster Weise mit den heutigen vergleichbar. Sie wurden durch glühende Briketts oder Bolzen erhitzt, und somit mußte man ihre Temperatur ständig überwachen. Das Personal mußte damals je nach Tätigkeit vorschriftsmäßige Kleidung tragen.

Hin und wieder waren in der Waschanstalt auswärtige Büglerinnen angestellt, die in der Wirtschaft von Paul Brüls in Bütgenbach übernachteten. Neben dem weiblichen Personal waren auch noch Mathias Meyer, Leonard Sarlette und Jakob Schumacher als Heizer
beschäftigt.

Die zum Betreiben der Wäscherei erforderliche Energie wurde durch ein Wasserrad erzeugt, das jeden Tag während fünf Stunden lief. An der rechten Gebäudeseite befand sich eingemauert ein großer Heizofen mit Kessel. Hiermit wurde eine Dampfmaschine angetrieben. Neben diesem Heizofen lag das Brandmaterial.

Dem Verwalter standen zudem noch zwei Aufenthaltsräume zur Verfügung, und das Gebäude verfügte natürlich auch über die entsprechenden sanitären Einrichtungen.

Der Verwalter betrieb das Gewerbe übrigens auf selbständiger Basis und bewarb sich jährlich mit einem Preisangebot um den Erhalt des Militärauftrages. Als er aber im Jahre 1924 gegenüber der Lütticher Konkurrenz um 5 Centimes zu teuer war, erhielt er eine Absage vom Staat, die zu seinem Konkurs führte.

Nach dem Verkauf der Maschinen erfüllte das Gebäude beim Bau der Talsperre einen letzten Dienst, bevor es abgerissen wurde : ein Großteil der italienischen Bauarbeiter fand hier eine Schlafmöglichkeit. Inzwischen hatte die SERMA die Waschanstalt von den Gerbern Maurice und Lucien Lang erworben, die ihrerseits das Besitztum von der Baronin gekauft hatten.

Allerdings schlug in den gleichen Jahren auch die letzte Stunde für die Mühle, die in unmittelbarer Nähe gestanden hatte. Das Gebäude war baufällig geworden und wurde 1934 durch einen Neubau von Mathias Schommer an der Wegkreuzung nach Nidrum ersetzt. Nach dem Abriß beider Gebäude wurde in den siebziger Jahren ein Reitplatz dort angelegt, der allerdings auch inzwischen verschwunden ist. Das Gelände liegt derzeit relativ verwahrlost unterhalb der Straße und nur die Warche erinnert noch an frühere Mühlen-Romantik.

Mathias Schommer und nach ihm seine Kinder haben die neue Mühle noch betrieben, bis die Auftragslage im Jahre 1975 so rückläufig geworden war, daß sich ein Fortbestand nicht mehr lohnte. Hier oben an der Straße wurde das Mühlenrad übrigens mit einem Motor angetrieben.

Nachdem sie das Mühlrad stillgelegt hatten, beschränkten sich die Geschwister Schommer auf ihr kleines Cafe, das von Besinn an im neuerrichteten Gebäude untergebracht war. Selbst nach dem Tode von Johann Schommer führte seine Schwester Josephine den Wirtshausbetrieb noch einige Jahre weiter.

In Zeiten der Burgherrschaft sprach man übrigens in bezug auf die Mühle von einer sogenannten "Bannmühle". Dies bedeutete, dass alle Bewohner des "Hofes von Bütgenbach" ihr Getreide ausnahmslos zum Mahlen hierhin bringen, und daß die jeweiligen Müller die erwirtschaftete "Malter" größtenteils an die Burgherren abgeben mußten. Der ein oder andere wird sich an dieser Stelle vielleicht die Frage stellen, wie es möglich war, daß die Mühle zu Zeiten der Burg bereits im Warchetal gestanden haben soll, obschon sie angeblich erst im Jahre 1825 erbaut wurde. Die Antwort ist einfach : Der Mühlenbetrieb befand sich früher in dem Gebäude, das später in eine Waschanstalt umfunktioniert worden war.