Gemeindehaus

Was man heute als Gemeindehaus bezeichnet, war früher die sogenannte Bürgermeisterei. Hierbei handelte es sich um ein Privathaus - meistens das vom amtierenden Bürgermeister -, wo sich dieser in regelmäßigen Abständen mit je einem Vertreter aus allen Ortschaften der Gemeinde traf. Von jeher war auch Berg in diesen Sitzungen vertreten.

Früher war es zumeist so, daß man sich bei bevorstehenden Wahlen im Dorf zu einer Vorwahl traf, bei der sich die Dorfbevölkerung auf einen einzigen Kandidaten für die Gemeinderatswahl einigte. Die Parteipolitik der Wahlen auf Gemeindeebene hat dazu geführt, daß jede Liste heutzutage darauf bedacht ist, auch die kleinen Ortschaften mit jeweils einem Kandidaten zu berücksichtigen.

Aufgrund des niedrigen Wählerpotentials einer Ortschaft wie Berg führte dies zwangsläufig dazu, daß kein Ortsvertreter mehr im Gemeinderat ist. Vielleicht wäre eine ähnliche Vorwahl wie früher heute wieder ratsam und wichtig, damit die Dorfinteressen innerhalb der Gemeinde gewahrt werden.

Während 21 Jahren hatte Emil Kirch um die Jahrhundertwende das Amt des Bürgermeisters inne, und folglich befand sich auch in seinem Haus die Bürgermeisterei. Dokumenten aus der Vergangenheit ist zu entnehmen, daß in dieser Zeit Nikolaus Schumacher aus dem Hause "Flippen" als Vertreter des Dorfes Berg an den sogenannten Bürgermeistereiratssitzungen, vergleichbar mit den heutigen Sitzungen des Bürgermeister- und Schöffenkollegiums,
teilnahm.

Damals umfaßte der gesamte Verwaltungsbezirk die Ortschaften Bütgenbach, Berg, Elsenborn, Nidrum, Leykaul, Küchelscheid, Sourbrodt, Weywertz und Faymonville. Emil Kirch ging durch seinen stets vorausschauenden Geist in die Geschichte der Gemeinde ein.

Als jüngster Bürgermeister der gesamten preußischen Monarchie trat er mit nur 26 Jahren sein Amt an und galt als politisches Naturtalent. Allerdings lag das auch ein wenig in der Familie, die aus der Grafschaft Bouillon stammte und im Jahre 1790 in Bütgenbach ansässig wurde. Diese Familie hatte mit ihrer Zweisprachigkeit ein ganz großes Plus zu verzeichnen.

Schon 1815 übernahm Johann Paul Josef Nemery, der Großvater mütterlicherseits von Emil Kirch, die Leitung der Amtsgeschäfte in der Gemeinde. Dieses Amt übergab er im Jahre 1858 an seinen Schwiegersohn Gerhard Kirch aus Höfen bei Monschau. Als Emil Kirch dann die Amtsgeschicke in seine Hände nahm, setzte er nicht nur die Politik seiner Vorgänger fort, sondern legte durch sein zukunftsorientiertes Denken den Grundstein für den Fortschritt auf
allen Ebenen.

So erhielt Bütgenbach ab 1902 vor vielen Nachbargemeinden Wasserleitungen in allen Ortschaften. 1909 unterstützte Emil Kirch die Gründung der Stromversorgungsgesellschaft "Warchetalwerke" in Weywertz, wodurch die ersten Dörfer der Gemeinde bereits ab 1911 elektrisches Licht erhielten, und nur ein Jahr später erfolgte die Gründung der Käse- und Molkereigenossenschaft in Faymonville, die ebenfalls von ihm angeregt wurde.

In zähen Verhandlungen mit der preußischen Regierung in Berlin, die kurz nach seinem Amtsantritt die Anlegung eines Truppenübungsplatzes in Eisenborn beschlossen hatte, erzielte er für die Landbesitzer aus Bütgenbach beim Verkauf ihrer Felder an den preußischen Staat gute Preise und bewahrte für die Landwirte das Weidenutzungsrecht auf dem Militärgelände.

Das Denkmal auf dem Bütgenbacher Marktplatz errichtete man ihm jedoch in erster Linie, weil er, neben seinen vielen anderen Verdiensten, verantwortlich für die zahlreichen Anpflanzungen von Linden- und Kastanienbäumen während seiner gesamten Amtszeit bis zu seinem Tod war. So trägt denn auch die Bronzebüste von Bildhauer Gregor Hoffmann die Inschrift "Nichts ist vorbildlicher als ein schöner, starker Baum" nach einem Zitat von Schriftsteller Hermann Hesse.

In seiner Festansprache zur Einweihung des neugestalteten Marktplatzes meinte Carl Hellebrandt, "daß wir alle durch unsere Handlungen Verantwortung tragen für die bestmögliche Entwicklung unserer Dörfer in Einklang mit der Natur, so wie Emil Kirch es uns vor fast hundert Jahren vorgezeigt hat."

Nach dem Tod von Emil Kirch im Jahre 1913 trat die Gemeinde an die Familie Kirch heran, um wegen der Büroräume das Haus zu kaufen. Die Ehefrau des verstorbenen Bürgermeisters lehnte das Angebot jedoch ab.

Dies führte dazu, daß die Gemeinde dann schließlich das Postgebäude vom damaligen Postverwalter Richard Nemery, der auch beigeordneter Bürgermeister gewesen war, erwarb. Besagtes Gebäude (jetzige Bäckerei Leo Heinen) wurde 1897 durch Brand zerstört und an gleicher Stelle wieder aufgebaut.

Ende der 40er Jahre kam dann auf Veranlassung von Bürgermeister Georges Schindfessel das Gemeindehaus zum hart umstrittenen Standort auf dem Weywertzer Brand.

Selbst als es darum ging, das Gebäude im Jahre 1994 zu erweitern, erhielten die Diskussionen um die "Lage in der Prärie" neuen Aufwind mit der Begründung, daß das Haus ein "Denkmal für Bürgerfremde" sei. Nachdem allerdings jetzt die Bauarbeiten zum 23,7-Millionen-Projekt ihrem Ende nahen, dürfte die Standortdiskussion für viele Jahre beendet sein.

Die Villa Kirch geriet am 10. September 1995 noch einmal in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses, weil hier eine Bronzeplakette mit dem Abbild von Dwight D. Eisenhower enthüllt wurde. Diese Plakette erinnert an den mehrtägigen Aufenthalt von "Ike" in diesem Haus im Januar 1945 während der Ardennen-Offensive.

Die Verwaltung des früheren "Hofes von Bütgenbach" zählte zunächst zum Aufgabenbereich des Gerichtes. Eine Trennung von Gerichtsbarkeit und Verwaltung erfolgte erst unter französischer Herrschaft in der Zeit von 1795 bis 1815.

Erst nannte man den Verwaltungsbezirk "mairie" und später "Bürgermeisterei" oder "Gemeinde". Zu ihren Aufgaben zählte seit der Franzosenzeit auch die urkundliche Erfassung der Geburten, Heiraten und Sterbefälle - für uns wichtige Quellen bei der
Ahnenforschung.

Seit dem Jahre 1815 waren folgende Bürgermeister in der Bürgermeisterei oder Gemeinde Bütgenbach tätig:

              1. Jean Michel Bellefontaine (1815-1850)
              2. Dieudonne Dethier (1850-1856)
              3. Joseph Schumacher (1856-1862)
              4. Gerhard Kirch (1862-1881)
              5. Johann Paul Nemery (1882-1892)
              6. Emil Kirch (1892-1913)
              7. Joseph Werden (1913-1920)
              8. Renier Doutrelepont (1920-1934)
              9. Georges Schindfessel (1934-1952)
             10. Leonard Sarlette (1952-1958)
             11. Josef Sarlette (1958-1964)
             12. Alfred Thunus (1964-1976)
             13. Herbert Heck (1976-1988)
             14. Walter Reuter (1988-2000)
             15. Emil Dannemark (seit 2000)