Sprache
Kürzlich wurde in Bütgenbach ein Abendkursus in "Platt" angeboten. Als sie die entsprechenden Werbungen in den Zeitungen sahen, reagierten die Leute allgemein mit Staunen. Besagter Kursus wurde jedoch gut besucht.
Es ist in der Tat so, daß wir die Sprache unserer Väter allmählich verlernen, weil sie nicht mehr in allen Haushalten gesprochen wird, und weil durch die vielen Zuwanderer aus anderen Ortschaften ein "Misch-Dialekt" entsteht. Allerdings stellt sich an dieser Stelle die
Frage, woher denn nun unser Dialekt stammt.
Wenn wir uns im Monschauer Land umschauen, erfahren wir, daß man unser Gebiet dort allgemein als "Tröteland" bezeichnet. Dies zeigt auf, daß hier eine klare Grenze gezogen wurde, obschon Monschau und Bütgenbach während vielen Jahren eine Herrschaft
bildeten.
Dennoch war unser Gebiet immer mehr in Richtung Süden nach Sankt Vith hin orientiert. Diese Tatsache mag sich im Jahre 1920 mit der Angliederung des Territoriums "Eupen-Malmedy-Sankt Vith" an Belgien noch verstärkt haben.
Was aber schon vorher entscheidend zu dieser Beurteilung geführt hat, war ein Vergleich der Sankt Vither Mundart mit der des Monschauer Landes.
Von jeher fand man hier starke Abweichungen vor. Während in Sankt Vith die moselfränkische Mundart gesprochen wird, überwiegt jenseits der Grenze der ripuarisch-kölnische Mundarttyp, der insbesondere in den Klangeigenschaften deutlich vom ersteren
abweicht.
Lange wurden solche Mundartgrenzen allgemein auf die Germanenstämme der Zeit nach der Völkerwanderung zurückgeführt. Die moselfränkischen Siedler und die ripuarischen Franken
seien für unsere Sprachkultur verantwortlich gewesen.
Dies scheint allerdings in dieser Form nicht zu stimmen; eine ganze Reihe von Gründen sprechen dagegen.
Zunächst einmal hat es eine ethnische oder politisch-rechtliche Personengruppe der Moselfranken nach den Quellen der fränkischen Landnahmezeit (5. - 7. Jahrhundert) und auch später gar nicht gegeben.
Der Terminus "moselfränkisch" ist eine Bildung der Dialektologen, nicht der Historiker. Von den ripuarischen Franken, die zwar tatsächlich in den Quellen erscheinen, ist aber sehr ungewiß, ob sie eine einigermaßen einheitliche Sprache gesprochen haben.
Generell setzt eine Begründung der Mundarttypen durch die Siedlungsbewegung voraus, daß das Land schon in frühester Zeit (6. und 7. Jahrhundert) einigermaßen gleichmäßig besiedelt sein mußte.
Ohne eine dichte Besiedlung kann kaum ein abgrenzbarer Mundartraum entstehen. Nachweislich war dies aber bis ins hohe Mittelalter hinein in unserem Raum nicht der Fall.
In der Mundartforschung der "Bonner Schule" wurden diese Theorien eindeutig verworfen. Hier geht man davon aus, daß die wichtigsten Mundartgrenzen im Rheinland eine Folge der
Territorienbildung des ausgehenden Mittelalters sind. Unsere Sprachengrenzen wären demzufolge wesentlich jünger als bislang angenommen.
Obschon dieses "Territorien- oder Kulturraum-Konzept" nachweisliche Vorzüge hat und mehrmals bestätigt wurde, kann man es wohl nie als die einzig wahre Erklärungsmöglichkeit verallgemeinern.