Handel, Handwerk und Landwirtschaft

Früher lebten die meisten Menschen in Berg von der Landwirtschaft. Die Betriebe waren autark. Alle notwendigen Lebensmittel wie Milch, Eier, Butter, Sahne und Käse wurden selbst gewonnen bzw. hergestellt.

Neben jedem Haus befand sich zudem ein Gemüsegarten und viele besaßen auch noch einen Feldgarten, wo insbesondere Kartoffeln und alle Kohlsorten angepflanzt wurden. Sauerkraut wurde selbst hergestellt und die entsprechende Reibe (Schaaf) wurde von Haus zu Haus verliehen. Für das Fleisch züchteten die Bewohner neben Kühen zudem noch Schafe, Schweine und Hühner und je nach Jahreszeit gingen sie Wald- und Preiselbeeren pflücken. Oft kaufte man sich mit Eiern im Geschäft die fehlenden Lebensmittel und andere lebensnotwendigen Gegenstände. Hierzu gehörte auch in erster Linie das Petroleum für die Öllampe.

Als weitverbreitete Nebenbeschäftigung zur Landwirtschaft galt das Roden und die Waldarbeit. Ab 1840 wurden vielerorts große Fichtenbestände angepflanzt und die Fichte avancierte infolgedessen zum "Brotbaum der Eifel". Die Frauen arbeiteten in den Pflanzgärten (Baumschulen), die in den verschiedenen Revieren angelegt wurden.

Auch waren in dieser Zeit viele Menschen in den Venngebieten tätig, wo sie Entwässerungsarbeiten vornahmen.

Im Venn wartete aber auch noch eine weitere, wichtige Arbeit auf sie. Die ganze Familie betätigte sich hier beim Torfstechen. Dies begann bereits im Frühjahr. Vereint zog man mit der Stoßkarre und Werkzeug in einem vierstündigen Fußmarsch schon in der Morgendämmerung ins sogenannte "Bergervenn". Hier wurde jedem dann sein Stück Land zugewiesen. Die jeweiligen Lose waren von Gemeindearbeitern abgesteckt worden. Ob Männer, Frauen oder Kinder, die Torfstecher blieben die ganze Woche. Manche schlugen ihr Nachtquartier in einer Scheune in Küchelscheid, das ungefähr vier Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt lag, auf.

Je nach Wetter wurden die Torfstiche nach einigen Wochen aufgestellt. Zu Beginn des Sommers kam dann die letzte, vorbereitende Arbeitsphase. Der Torf war inzwischen hart und trocken geworden, sodaß größere Haufen angefertigt werden konnten, die dann unmittelbar nach der Heuernte aufseiaden wurden.

Hierfür bildete sich ein riesiger Treck, der sich mit Ochsengespannen in Richtung Bergervenn bewegte. Von der Vorbereitung, dem eigentlichen Stechen, bis zum Aufladen war man übrigens nie allein. Immer zogen oder fuhren ganze Kolonnen in das Venngebiet, weil sonst die Gefahr doch zu groß gewesen wäre. Hin und wieder sank ein Karrenrad im sumpfigen Moor ein, auch kam es mitunter vor, daß selbst die Tiere ganz tief einsanken und herausgezogen werden mußten. Dann war man immer wieder auf die Hilfe von anderen angewiesen.

Sowieso wurde das Wort "Gruppengeist" groß geschrieben, weil man doch eine längere Zeit zusammen verbrachte. Auch zur Mittagspause versammelten sich alle zum gemeinsamen Essen inmitten einiger großen Buchen.

Den Kaffee bereitete man übrigens mit Vennwasser zu. Weil dieses aber einen herben Geschmack hatte, tauchte man ein angebranntes Stück Reisig ins Kaffeewasser hinein, damit es etwas besser schmeckte.

Nur einige wenige Dorfbewohner gingen nebenbei noch anderen Beschäftigungen nach. Dies sollte sich mit der Zeit und bis zum heutigen Tage jedoch sehr ändern.

Neben den Gaststätten und Geschäften verfügte Wilhelm Heck (Schwiertz) über das erste Pferd (Fritz) im Dorf. Das führte dazu, daß sein Sohn um 1920 den Milchwagen für die Molkerei in Nidrum fuhr, die ab dem Jahre 1898 in Betrieb war und zu Elsenborn gehörte.

Johann Nikolaus Leyens war Schreiner. Später übten dann auch Leonard Küpper und Wilhelm Meinen diesen Beruf aus. Letzterer hatte sogar schon ein Auto - das erste im Dorf - und war somit Anlauf stelle für einen inoffiziellen Taxi-Dienst, wenn jemand dringend irgendwo hin mußte.

Wilhelm Wey war Strohdachdecker. Sein Berufsstand fiel den Schieferbedachungen zum Opfer. So gab es in Berg im Jahre 1935 nur noch sechs Strohdachhäuser, die aber in den Jahren danach schon sehr bald verschwanden.

Auch das Schuster-Handwerk wurde in Berg während vielen Jahren praktiziert. Noch vor dem ersten Weltkrieg ging Nikolaus Schumacher (Flippen) dieser Arbeit nach. Ihm folgten Nikolaus Wey, der später nach Bütgenbach zog, sowie Johann Krings, den es nach Büllingen verschlug. Johann Wey und später auch Bernhard Wey waren Elektriker, Josef Heinen Klempner und sein Vater Peter betrieb neben dem Geschäft noch den Steinbruch.

Als Näherinnen betätigten sich Katharina Heck (Biemisch) sowie später Bertha Heinen und die Geschwister Anna und Elisabeth Wey. Sie konnten über ausreichend Arbeit nicht klagen, weil damals alles geflickt und die Kleider vorwiegend maßgeschneidert wurden. Zu Beginn gingen die Näherinnen mit ihren Maschinen von Haus zu Haus und fertigten vor Ort die Kleider an.
 
Beginn der zwanziger Jahre betrieb der ehemalige Lehrer Schindfessel einen Weinhandel im Keller der Wirtschaft Niessen und Hubert Rauw handelte mit Eiern, Butter und Geflügel.

Noch vor Einführung der Eisenbahn besaß Berg auch ein florierendes Fuhrunternehmen. Die Fuhrleute Wey machten sogar Femtransporte bis hin nach Leipzig, wo sie die Waren zur damals bedeutenden Leipziger Messe brachten. Natürlich wurden solche Unternehmen nur von reichen Bauernhöfen beansprucht, weil die Kosten aufgrund der wochenlangen Fahrten doch sehr hoch waren. Aussagen zufolge wurden diese Fuhren zu Beginn mit zweirädrigen Karren und nur zwei starken, ausdauernden Pferden durchgeführt. Mit dem Aufkommen der Eisenbahn hatten die Fuhrunternehmen jedoch keine Zukunft mehr und verschwanden schließlich ganz. Heute erledigen moderne Speditionsbetriebe mit PS-starken Sattelschleppern diese Arbeit.

An der Seite der Karren hing ein für die Fuhrmänner wichtiges Spezialwerkzeug, das man unter der Bezeichnung "Hauil" kannte. Es handelte sich hierbei um eine Art Hacke oder Hebel, um gegebenenfalls eingesunkene Karrenräder zu befreien. Die Peitsche gehörte natürlich auch zu den wichtigsten Utensilien des Fuhrmannes. Allerdings benötigte er sie weniger, um auf die Tiere einzuschlagen, sondern vielmehr zur Wertschätzung seines Standes. Durch den fast kunstvollen Peitschenknall wurden An- und Abfahrt angekündigt und das Geläute ertönte dann auch in einem sonoren Klang.

Die Fuhrmänner waren als hart und rauh bekannt. Dies war auch erforderlich, weil sie oft unterwegs überfallen wurden. Immerhin hatten sie zumeist wertvolle Ware und viel Geld dabei. Aufgrund dieser ständigen Gefahren waren sie immer mit einem Säbel bewaffnet und fuhren zumeist in Gruppen. Das Wesen der Fuhrmänner, die auch nebenbei gerne mal einen Schnaps tranken, führte zu Redewendungen wie "er flucht wie ein Fuhrmann" oder "das ist eine echte Fuhrmannsdröpp". Von den Leuten jedenfalls wurden sie als Weltkenner bewundert.

Die Brüder Anton, Josef und Hubert Heck sowie Josef Heinen (Foto) machten mit ihren Fuhrwerken Langholztransporte in der gesamten Umgebung.

Seit die Eisenbahn durch unser Gebiet fuhr, suchten viele Bewohner eine Beschäftigung im Baufach. Die Jungen und Mädchen wurden als Knechte und Mägde an Großbauern in "Altbelgien" verdingt.

Bäcker und Metzger kamen von jeher zumeist aus Bütgenbach oder Nidrum nach Berg, um hier ihre Ware anzubieten. Eine der ersten Bäckerfamilien, die durch unser Dorf zog, dürfte Mitte der zwanziger Jahre die Familie Berger gewesen sein.

Zunächst brachten die Bergers das Brot zu Fuß mit einem Korb und deponierten es im Geschäft von Peter Heinen (alte Schule).

Anschließend wurde es in einem Karren von zunächst einem und dann zwei Hunden gezogen, und erst danach zogen sie mit einem Pferd von Haus zu Haus, bevor sie in ihren letzten Wirkungsjahren ein Auto besaßen. Bäckermeister Josef Berger stammte übrigens aus dem Bergischen Land. Er verkaufte in seiner Anfangszeit die Brötchen an 25 Centimes das Stück.

Mathias Bach brachte das Brot aus Nidrum ins Haus von Peter Heck (Kriemisch), wo er eine kleine "Filiale" hatte. Das Brot lag zumeist in der Speichertreppe gelagert. Als Mathias Bach dann ein Auto besaß, fuhr auch er mit seiner Ware von Haus zu Haus. Noch vor und während des Zweiten Weltkrieges zogen auch Josef Langer und Jules Heinen bereits mit Brot durch das ganze Dorf.

Ab dem Jahre 1950 kam dann der ehemalige Berger Leo Heinen zunächst mit dem Pferd und dann mit dem Auto durch unser Dorf gefahren. Das von ihm angebotene Brot kostete damals übrigens 7,50 Franken.

Im Winter zog das sogenannte "fahrende Volk" (Zigeuner) mit Pferd und Kutsche nach Berg. Unter ihnen befanden sich Scherenschleifer, Kessel- und Schirmflicker sowie Korbflechter - Berufe, die heute nahezu ausgestorben sind.

Bergervenn

Östlich des Kaltenborner oder Cléfayvenns gelegenes naturgeschütztes Vennstück mit schönem Birkenbestand. Das Bergervenn ist ein sogenanntes Hangmoor. Die Bezeichnung stammt von dem Ort Berg in der Gemeinde Bütgenbach, der die Nutzungsrechte hatte.

(Quelle: Das Hohe Venn von A-Z von Günter Metz – Grenz-Echo-Verlag Eupen 1995)